Meyn, Boris by rote Stadt Die

Meyn, Boris by rote Stadt Die

Autor:rote Stadt Die
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-01-10T19:15:05+00:00


Skatrunde

Bis zum Hammerbrook ging die Fahrt nur stockend voran. Entlang des alten Wehrhofs waren Arbeiter damit beschäftigt, die Straße mit Granit und Basalt zu pflastern, und auf dem harten Untergrund der bereits fertig gestellten Abschnitte waren die Pferde nur schwer in Trab zu halten. Kein Seglerwetter heute, dachte Sören und lenkte den offenen Zweispänner um eine Gruppe von Steinsetzern herum, die der staubigen Hitze mit freiem Oberkörper zu trotzen versuchten. Bereits am frühen Morgen hatte sich eine gelbbraune Dunstschicht über der ganzen Stadt ausgebreitet, die inzwischen wie unter einer Glocke gefangen schien, und die Schlote der Hafenbetriebe und Dampfer taten das ihre dazu, dass der gelbe Schleier nicht dünner wurde. Jeder in der Stadt wartete auf die erlösende Brise, mit der die trübe Blake vom Himmel verschwinden würde, aber kein Grashalm bewegte sich.

Vor dem Berliner Thor mischte sich der beißende Geruch von Ammoniak mit penetrantem Hefegestank, der von den dort ansässigen Fabrikationsstätten stammte, und erst nachdem Sören den Hammerbrook passiert hatte und in die Borgfelder Chaussee eingebogen war, verflüchtigten sich die lästigen Gerüche der Großstadt. Die Häuser links und rechts der Chaussee hatten hier selten mehr als zwei Geschosse, und nur hin und wieder ragten noch die Schornsteine kleinerer Betriebe in die Höhe.

Nach wenigen Minuten Fahrt erinnerte allein die Breite der Straße noch an die Nähe zur Stadt. Die Bebauung drängte sich an den wenigen Kreuzungen und nahm mehr und mehr dörflichen Charakter an. Traufständige Handwerkerhäuser mit kleinen Vorgärten und schmiedeeisernen Zäunen bildeten endlose Reihen der Eintönigkeit. Wer im Bauhandwerk arbeitete oder es sich leisten konnte, hatte seine Hauswände inzwischen verputzt und Fenster und Türen mit Bauschmuck in Form von Gesimsen, Pilastern und Baldachinen geschmückt, was den bescheidenen Häusern ein merkwürdig überfrachtetes Erscheinungsbild verlieh: Die Abstände der Fenster und Geschosse zueinander waren doch meist so gering, dass zwischen den Schmuckelementen kaum eine Handbreit Platz blieb.

Sören steuerte den Wagen nach links in die Heerstraße, die er noch unter dem Namen Unten im Hamm kannte, und drosselte das Tempo. Von hier aus waren es nur noch wenige Minuten bis zu den Ohlendorff’schen Besitzungen, die sich jenseits der Schwarzen Straße ausdehnen mussten. Als Sören die Pferde behutsam durch das Gartenportal dirigiert hatte, schoss hinter einem großen Rhododendron urplötzlich ein Reiter in vollem Galopp querab über den Weg, und Sören musste die Zügel herumreißen, um eine Kollision zu verhindern. Der Reiter hatte die Situation durchaus erkannt, winkte kurz entschuldigend mit der schwarzen Reitkappe und setzte seinen Weg fort, ohne sich auch nur noch einmal umzudrehen. Sören konnte einen Fluch nicht unterdrücken. Dann stieg er ab und widmete seine Aufmerksamkeit den Pferden, die kurz gescheut hatten und nun unruhig auf der Stelle traten.

Nachdem sich die Tiere beruhigt hatten, setzte Sören die restlichen Meter des Kiesweges in sanftem Schritttempo fort. Er musste seine Vorstellung von der Größe des Anwesens, die er sich angesichts Martins Schilderungen gemacht hatte, revidieren. Eigentlich hatte er eine ausgedehnte Parkanlage erwartet, aber das Grundstück war doch kleiner als vermutet. Die Villa, die hinter einer kleinen Wegbiegung kurz zum Vorschein kam, war dafür umso imposanter.



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